16 Jahre Twitch
Meine Arbeit auf Twitch begann im Oktober 2006, als Justin, Michael und ich quer durchs Land von New York nach San Francisco fuhren. Kyle stieß drei Monate später zu uns. Wir kauften ihm ein One-Way-Ticket, mit dem er während der Praktikumswoche des MIT nach San Francisco fliegen konnte. Wir arbeiteten an einer 24/7-Live-Reality-TV-Show über Justins Leben. Damals dachte ich, dass wir höchstwahrscheinlich scheitern und in spätestens einem Jahr das ganze hinschmeißen würden. Meine Mitbegründer und die meisten unserer Freunde und Bekannten dachten wahrscheinlich genauso. Ich dachte, anschließend würde ich dann mein richtiges Start-up gründen. Aber in der Zwischenzeit war das einfach eine so verrückte Idee – das mussten wir probieren.
Hier sind wir nun, 16 Jahre und vier Monate später … und ich musste bisher kein zweites Mal eine Überweisung einrichten. Aus Justin.tv, Inc. wurde Twitch Inc., Twitch Inc. wurde eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Amazon, und auf dem Weg dorthin haben wir mehr als 8 Millionen Streamer pro Monat gewonnen. Während die 24/7-Reality-TV-Show tatsächlich eine schlechte Idee war, hat sich das interaktive Livevideo im Internet als wirklich gute Idee herausgestellt. Was hat mich so viele Jahre lang bei der Stange gehalten? Ich liebe die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, ich liebe es, dass wir Streamern die Möglichkeit geben, ihren Lebensunterhalt mit etwas zu verdienen, das ihnen wirklich Spaß macht, und ich liebe die Art und Weise, wie wir für unsere Streamer ein gemeinschaftliches Umfeld schaffen, in dem unsere Streamer und Zuschauer zusammenkommen, sich zu Hause und verbunden fühlen können.
Gerade wurde mein erstes Kind geboren und das war für mich der Anlass, über meine Zukunft bei Twitch nachzudenken. Twitch kommt mir oft auch wie ein Kind vor, das ich großziehe. Und obwohl ich immer da sein will, wenn Twitch mich braucht, habe ich das Gefühl, dass Twitch mit 16 Jahren bereit ist, auszuziehen und eigene Wege zu gehen. Deshalb habe ich mich schweren Herzens dafür entschieden, als CEO von Twitch zurückzutreten. Ich möchte voll und ganz für meinen Sohn da sein, wenn er diese Welt für sich entdeckt. Und ich fühle mich bereit für diese Veränderung, für neue Herausforderungen. Ich werde weiterhin in einer beratenden Funktion bei Twitch arbeiten.
Es ist schwer, in Worte zu fassen, wie viel Twitch mir bedeutet. Twitch ist eine Community für Streamer und Zuschauer, aber auch für mich. Twitch ist wie meine Familie, der Ort, an dem ich mehr Zeit verbracht habe als irgendwo sonst. Doch jetzt, wo mein Sohn da ist, ist für mich die Zeit gekommen, meine eigene winzig kleine Start-up-Familie zu gründen, und ich bin bereit, all meine Energie in sie zu investieren. Twitch wird immer ein Teil meiner großen Familie bleiben, eine Community, in der ich in vielerlei Hinsicht gemeinsam mit Twitch selbst gewachsen bin.
Mein Vertrauen in die Führung von Twitch, in alle unsere Mitarbeiter und in unser Produkt war nie größer. Viele Jahre lang hatte ich wirklich das Gefühl, dass Twitch ohne meine Führung und meinen Beitrag untergehen könnte, aber das ist nicht mehr der Fall. Vielmehr glaube ich, dass genau dieses Wachstum es mir ermöglicht hat, meine Arbeit bei Twitch aufzugeben.
Dan Clancy, unser derzeitiger President, war in den letzten Jahren ein wichtiger Partner für mich. Er wird mit sofortiger Wirkung die Rolle des CEO übernehmen. Ihm liegen die Twitch-Community, ihre Streamer und unsere Mitarbeiter sehr am Herzen und er versteht, was Twitch ausmacht.
Ich bin unglaublich dankbar, nicht nur für die tollen Leute, mit denen ich heute bei Twitch zusammenarbeiten darf, sondern auch für alle, die das Unternehmen aufgebaut haben. Es gibt viel zu viele, um sie zu nennen, aber neben meinen Justin.tv-Mitbegründern Michael Seibel, Kyle Vogt und Justin Kan möchte ich besonders Kevin Lin, Jacob Woodsey, Jon Shipman und Mike Ossareh danken. Sie bildeten das Kernteam, das den Wandel von Justin.tv zu Twitch leitete. Ich könnte noch mehr Namen aufzählen, aber es sind einfach zu viele, um sie hier unterzubringen. Als ich davon träumte, diese Gaming-Bewegung auf Justin.tv zu vergrößern – damit ich mehr StarCraft II sehen konnte –, haben wir das gemeinsam in die Tat umgesetzt. Deshalb möchte ich mich auch bei Blizzard Entertainment dafür bedanken, dass sie zehn Jahre gewartet haben, um eine Fortsetzung von Starcraft zu veröffentlichen. Damit haben sie dafür gesorgt, dass ich mir als 28-Jähriger wieder Videospiele im Internet anschauen konnte.
Ich empfinde auch tiefe Dankbarkeit für all die Streamer, die uns schon früh ihre Inhalte und ihre Communitys anvertraut haben, und für all die Streamer, die uns bis heute treu geblieben sind. Ich weiß, dass es für einige von euch schwer zu glauben ist … aber alle hier bei Twitch haben ein Ziel: so viele von euch so gut wie möglich zu unterstützen. Das war es schon immer und das wird es auch bleiben. Ich möchte auch Amazon dafür danken, dass es der beste Käufer ist, den ich mir hätte wünschen können. Amazon hat uns wirklich unterstützt und einem so eigenwilligen Produkt wie Twitch den nötigen Raum gegeben, zu wachsen und sich selbst zu verwirklichen.
Ich danke euch allen für eure Unterstützung, eure guten Gedanken, euer Vertrauen und eure Hilfe. Wir haben etwas Großartiges aufgebaut.
In großer Dankbarkeit
Emmett